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Wenn Klimaaktivist:innen wie Kriminelle behandelt werden …

Wenn Klimaaktivismus von der Polizei wie eine kriminelle Handlung behandelt wird, läuft im Staat einiges schief. Und das trotz Klimanotstand in Heidelberg und den Gerichtsurteilen beim Amts- sowie Bundesverfassungsgericht.
 Das Aktivismus-Tagebuch  

Wenn Klimaaktivismus von der Polizei wie eine kriminelle Handlung behandelt wird, läuft im Staat einiges schief. Und das trotz Klimanotstand in Heidelberg und den Gerichtsurteilen beim Amts- sowie Bundesverfassungsgericht.  

Seit fast einem Jahr bin ich schon im Klimaaktivismus mit dabei, genauer gesagt seitdem das Kohleausstiegsgesetz von der Bundesregierung beschlossen wurde, welches bei den Aktivist:innen als Kohleeinstiegsgesetz genannt wird. So habe ich schon einige Demos und Kundgebungen von Fridays for Future hinter mir sowie einige davon mit vielen anderen Klimaaktivist:innen mitorganisiert. Im letzten Jahr hatte ich bei Extinction Rebellion (XR) schon einmal eine Straßenblockade mitgemacht. Auch Einzelblockaden von XR habe ich im März als Bloggerin begleitet. Bis dahin hatte ich immer positive Erfahrungen gesammelt. 

Am 5. Mai fand nach langer Zeit wieder eine Blockade von Extinction Rebellion statt und diesmal ging es nicht um den Radverkehr, sondern um das Unternehmen HeidelbergCement. Ein Konzern in Heidelberg, welcher nach RWE den größten CO2-Verbrauch in Deutschland hat und diesen in den letzten Jahren nicht wirklich reduziert hat. Dabei kommt noch dazu, dass der Heidelberger Konzern einige Menschenrechtsverletzungen betreibt – siehe bei Cemend.earth. Und da es am 6. Mai wieder eine (virtuelle) Aktionärsversammlung gab, war es mal wieder soweit, dem Konzern seine Sünden klarzumachen und weshalb XR Heidelberg mit vielen weiteren XR Orga-Gruppen das HeidelbergCement-Zementwerk in Leimen am 5. Mai blockierte. 

Anfänglich hatten wir unser Ziel erreicht, konnten ziemlich schnell das Werk blockieren und das, obwohl wir in vielen kleinen Gruppen entlang einer nahen Polizeiwache vorbeigegangen sind. Nur diesmal kam schon nach ein paar Minuten die Polizei, aber sie versuchte erstmal von Weitem einen Überblick der Lage zu bekommen und es vergingen bestimmt weitere 10 Minuten, bis eine weitere Streife kam. Nach gefühlten 30 Minuten kamen dann schon die ersten Mannschaftswagen. Nur diesmal war die Polizei total unkooperativ und hat sich trotz des Gerichtsurteils vom Jahre 2019 total Banane verhalten. 

Denn erstens war unsere Blockade nach dem Grundgesetz eine Versammlung. Da sie nicht angemeldet wurde, hätte die Polizei diese Versammlung erstmal auflösen müssen. Dies tat sie nicht und hat auch schon vor der ersten Ansprache Videomaterial über uns erstellt, ein weiterer Verfahrensfehler. Auch konnten Aktivist:innen nicht freiwillig gehen, sondern mussten vor dem Verlassen der Versammlung ihre Personalien abgeben. Sowas wird eigentlich immer nur dann gemacht, wenn man nicht freiwillig geht. Dazu kam die Bereitschaftspolizei mit zwei Schäferhunden, wo man sich dann fragt, ob die Polizei noch richtig tickt. Der letzte Aktivist wurde übrigens von der Polizei beim Wegtragen fallengelassen und wurde dann ein paar Meter am Boden schleifen lassen (siehe YouTube). Die Lachnummer war natürlich der Platzverweis auf ganz Leimen.

Jetzt wäre ich am Ende angekommen, aber das Schlimmste kam nach der Blockade. Am nächsten Tag folgte die Kundgebung vom Cemend-Bündnis vor dem HeidelbergCement-Quartier und da war ich mit einem weiteren Aktivist von Fridays for Future Heidelberg für die Ordner:innen zuständig gewesen. Als wir gerade die Ordner:innen einweisen wollten, kam die Polizei und wollte die Ausweise von allen Ordner:innen. Das alleine wäre noch in Ordnung gewesen (steht so in der Verfügung der Stadt drin), aber was darauf folgte, war nicht in Ordnung. So sagte die Polizei, dass sie Ordner:innen nicht anerkenne, welche sich bei der gestrigen XR-Blockade beteiligt hatten. Da sie nicht davon ausgeht, dass diese Ordner:innen ihre Arbeit auch wirklich machen könnten. 

Wieso ist das nicht haltbar? Nur vorbestrafte Personen kann die Polizei als Ordner:innen nicht anerkennen. Das tat sie nicht. Und die Blockade ist rechtlich keine Straftat. Denn da gibt es ja das Gerichtsurteil vom Mai 2019. Ziviler Ungehorsam ist in Bezug auf Klimagerechtigkeit berechtigt, da diese Aktivist:innen auch vom Klimawandel betroffen sind. Dazu war die Blockade sozial verträglich, da sie nur ein paar Stunden ging. Und es gibt ja nun auch das Urteil vom Bundesverfassungsgericht und den Klimanotstand der Stadt Heidelberg, wo auch der Konzern HeidelbergCement seinen Sitz hat. Viele rechtlich berechtigte Gründe, die Blockade zu halten. Nur darf die Polizei keine Urteile treffen, sondern das tun Gerichte. Aber das tat die Polizei nicht und hat die Ordner:innen direkt als vorbetraft behandelt, obwohl sie es nicht waren.  

Das hinterlässt einen gewissen nicht demokratischen Beigeschmack. Denn trotz des Klimanotstands Heidelbergs und Gerichtsurteilen vom Amts- sowie Bundesverfassungsgericht geht die Polizei so fragwürdig mit Klimaaktivist:innen um. Dazu war die Kundgebung am 6. Mai angemeldet und wegen Corona-Auflagen muss man pro 10 Teilnehmer:innen ein:e Ordner:in haben. Man könnte somit mit den Corona-Auflagen und fragwürdigen Polizei-Handlungen die Klimaaktivist:innen mit antidemokratischen Mitteln bekämpfen. Man könnte meinen, die junge Generation wird auf eine neue Art verarscht und nicht ernstgenommen. Wollen wir wirklich so eine Polizei? Wo bleiben die Konsequenzen bei der Polizei? 

Und anscheinend ist es ein Unterschied, ob man als Aktivist gegen ein Unternehmen aktiv ist bzw. sich für Klimaaktivismus einsetzt oder nur für eine bessere Radverkehrspolitik. Denn am 16. Mai habe ich für den Radentscheid Heidelberg eine Raddemo mit Unterstützung vieler weiterer Personen umgesetzt und hatte mit der Polizei eine total andere Erfahrung gesammelt. Diese Erfahrung war nämlich sehr positiv gewesen, denn zwischen Polizei und Ordner:innen lief die Veranstaltung sehr kooperativ ab und beide Seiten hatten kaum Kritik aneinander. 

Vom Cemend-Bündnis waren während der Kundgebung Fridays for Future Heidelberg, die Togoische Diaspora, die Saharauische Jugend, die Saharauische Diaspora, Watch Indonesia, Greenpeace Mannheim-heidelberg, Architects For Future Heidelberg, Klimakollektiv Heidelberg, Robin Wood, pax christi, Western Sahara Resource Watch Germany, Lebenslaute Süd, Extinction Rebellion Heidelberg und der Dachverband Kritische Aktionär*innen dabei gewesen.